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Doppelabstimmung: Bundestagswahl und Tegel-Volksentscheid

Berlin (dpa/bb) - Doppel-Wahl in der Hauptstadt: Knapp 2,5 Millionen Berliner sind am Sonntag aufgerufen, einen neuen Bundestag zu wählen. Die Wahl gilt auch als erster wichtiger Stimmungstest für die seit gut neun Monaten regierende rot-rot-grüne Koalition auf Landesebene. Gleichzeitig können die Wahlberechtigten in einem Volksentscheid über die Zukunft des Flughafens Tegel abstimmen. Dabei geht es um die Frage, ob der Flughafen Tegel nach Eröffnung des neuen Hauptstadt- Airports BER wie bisher geplant geschlossen oder weiterbetrieben werden soll.

Rot-Rot-Grün will - wie die beiden anderen Gesellschafter Brandenburg und der Bund - an der schon vor vielen Jahren beschlossenen Schließung Tegels festhalten. Das Regierungsbündnis argumentiert mit der rechtlichen Kopplung der BER-Genehmigung an die Tegel-Schließung, dem Lärmschutz für 300 000 Berliner sowie Entwicklungschancen auf dem Tegel-Areal. Hier sollen 9000 bezahlbare Wohnungen sowie ein Forschungs- und Technologiepark nebst Hochschule und Erholungsflächen entstehen.

Die Tegel-Befürworter CDU, FDP und AfD sagen, Tegel werde neben dem BER als Zweitflughafen benötigt, weil die Passagierzahlen in der Hauptstadt steigen. Jüngste Umfragen sahen eine knappe Mehrheit für sie, wobei die Tegel-Gegner zuletzt aufholten.

Der von der FDP mit einer Unterschriftensammlung erzwungene Volksentscheid gilt als erfolgreich, wenn mindestens ein Viertel der Wahlberechtigten mit Ja - also für den Weiterbetrieb - stimmt und gleichzeitig weniger Nein-Stimmen abgegeben werden. Das Votum ist für den Senat allerdings nicht bindend, weil kein Gesetzentwurf zugrunde liegt. Zudem kann Berlin über die Frage nicht allein entschieden.

Bei der Bundestagswahl droht der Berliner SPD um Regierungs- und Parteichef Michael Müller eine empfindliche Niederlage. Umfragen sahen die Sozialdemokraten zuletzt bei um die 20 Prozent - und damit auf einem historischen Tiefstand und nur noch knapp vor der Linken.

Stärkste Kraft könnte demnach erneut die CDU werden. Sie lag bei der am 13. September veröffentlichten letzten Umfrage von Infratest dimap im Auftrag von RBB und «Berliner Morgenpost» bei 26 Prozent. Auf Platz drei nur knapp hinter der SPD folgte die Linke. Auf die AfD entfielen 12, die Grünen 11 und die FDP 7 Prozent.

Bei der Bundestagswahl vor vier Jahren hatte die CDU in Berlin mit 28,5 Prozent die SPD distanziert, die 24,6 Prozent holte. Die Linke kam auf 18,5 Prozent, die Grünen auf 12,3 Prozent. FDP und AfD lagen unter der Fünf-Prozent-Hürde.

Die CDU eroberte damals fünf Direktmandate, die Linke vier, die SPD zwei und die Grünen eines. Diesmal deutet sich in einigen der zwölf Berliner Wahlkreise ein spannendes Rennen an.

So wollen die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg ihr bundesweit einziges Direktmandat gegen starke Konkurrenz von SPD und Linken verteidigen. Sie schickten als Nachfolgerin des Urgesteins Hans-Christian Ströbele, der aus Altersgründen nicht noch einmal antrat, Canan Bayram ins Rennen. Spannend wird auch die Frage sein, ob die SPD ihre zwei Direktmandate in Mitte und Neukölln halten kann.

In Marzahn-Hellersdorf spekuliert sogar die AfD auf ein Direktmandat. Ob das gegen Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) gelingt, die hier vier mal hintereinander gewann und erneut antritt, ist offen. Der Stadtbezirk gilt als AfD-Hochburg, bei der Abgeordnetenhauswahl 2016 waren die Rechtspopulisten hier bei den Zweitstimmen mit 23,6 Prozent zur stärksten Kraft aufgestiegen.

Am Sonntag können die Berliner in 1779 Wahllokalen ihre Stimme abgeben. 21 000 Wahlhelfer sollen für einen reibungslosen Ablauf bis hin zur Auszählung der Stimmen sorgen.

Regierungschef Müller appellierte am Freitag an die Berliner, von ihrem Wahlrecht als «zentralem Freiheitsrecht» auch Gebrauch zu machen. Landeswahlleiterin Petra Michaelis rechnet damit, dass die Parallelität von Bundestagswahl und Volksentscheid eine höhere Wahlbeteiligung als 2013 (72,5 Prozent) zur Folge hat. Darauf deutet auch das Rekordniveau an Briefwahlanträgen hin.

Bis Freitag wurden für 681 130 Berliner entsprechende Wahlscheine ausgestellt und damit für 27,2 Prozent der Wahlberechtigten. Das ist die höchste Zahl, die bisher bei einer Wahl in Berlin registriert wurde. Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl 2013 wurden bis zum Wahltag 541 975 Wahlscheine für die Briefwahl ausgereicht, was 21,6 Prozent der Wahlberechtigten entsprach. Am Ende lag der Anteil der Briefwähler an den tatsächlich abgegebenen Stimmen bei 28 Prozent.

Eine Herausforderung für die Organisation der Wahl ist der ebenfalls am Sonntag stattfindende Berlin-Marathon mit mehr als 40 000 Läufern. 30 Wahllokale sind für 20 000 Wähler nur zu erreichen, wenn sie die Laufstrecke überqueren. Das wird zeitweise jedoch nur an bestimmten Punkten möglich und teils mit längeren Wartezeiten verbunden sein.

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