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Erste Holocaust-Professorin will Antworten finden

Frankfurt (dpa/lhe) - Dieser Lehrstuhl ist auch ein Signal: Die bisher in Wien lehrende Historikerin Sybille Steinbacher ist am Mittwoch offiziell als Deutschlands erste Holocaust-Forscherin mit speziellem Lehrstuhl an der Frankfurter Goethe-Universität vorgestellt worden. «Gerade im Land der Täter darf es kein Vergessen geben», betonte der hessische Wissenschaftsminister Boris Rhein (CDU). Einen Schlussstrich unter die Geschichte werde es in Deutschland nicht geben. Jeder neuen Generation stelle sich die Aufgabe, die Verantwortung für die Geschichte zu tragen - dies habe letztlich auch zur Entscheidung für die Einrichtung eines Holocaust-Lehrstuhls geführt.

Auch wenn an deutschen Hochschulen bisher über die nationalsozialistischen Massenverbrechen geforscht wurde: «Mehr als 70 Jahre nach der Schoah ist erstmals eine Professur ausschließlich zur Erforschung des Holocaust eingerichtet worden», sagte der Minister. Andere Länder, etwa Schweden, die USA oder die Niederlande seien Deutschland da deutlich voraus.

Steinbacher, die bereits am 1. Mai ihren Posten als Direktorin des Fritz-Bauer-Instituts angetreten hatte, nannte die Einrichtung eines eigenen Holocaust-Lehrstuhls ein «wichtiges Signal». Es gebe weiterhin viele Fragen, die von den Wissenschaftlern noch nicht beantwortet worden seien, betonte sie. «Manche meinen, man weiß schon alles über Auschwitz, aber das ist ganz sicher nicht so.»

Birgitta Wolff, die Präsidentin der Goethe-Universität nannte die Forschung Steinbachers von «großer Aktualität» angesichts weltweiter populistischer Bewegungen, die ethnisch und rassistisch motivierte Ausgrenzung wieder gesellschaftsfähig erscheinen ließen. «Eine Holocaust-Forschung, wie wir sie in Frankfurt verstehen, kann nicht nur helfen, den Genozid an den Juden in der Zeit des Nationalsozialismus noch besser zu verstehen», betonte sie. «Ebenso wichtig ist es auch, daraus die richtigen Lehren für Gegenwart und Zukunft zu ziehen.» Steinbacher sei in einem ausgezeichneten Bewerberfeld «everybody's darling» und die Wunschkandidatin gewesen.

Steinbacher leitete zuletzt das Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien. Nach Angaben des Ministeriums unterstützt das Land in diesem Jahr das Fritz-Bauer-Institut mit gut 375 000 Euro und finanziert die Holocaust-Professur mit weiteren 150 000 Euro.

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