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Wenn shoppen zur Sucht wird

Man packt gerade das tausendste Paar Schuhe an der Kasse ein oder hat sich schon wieder eine neue Handtasche gekauft, obwohl man dies erst gestern getan hat: Die Ausprägungen von Shopping- respektive Kaufsucht sind sehr vielfältig und nicht immer auf den ersten Blick auch als solche zu identifizieren. Dabei droht ohne eine adäquate Therapie für die Betroffenen meistens der soziale Abstieg wegen Überschuldung. Wie man mit diesem schwierigen Problem richtig umgeht, verraten die folgenden Zeilen.

Wahrnehmung der Anzeichen
Bild: Das an sich ungefährliche Shoppen kann auch schnell zur Sucht mutieren und nicht einmal die Betroffenen bekommen dies immer mit. Bildquelle: imtmphoto – 333722087 / Shutterstock.com

Kaufsucht äußerst sich immer wieder durch verschiedene Faktoren

Die Kaufsucht ist ein Thema, das in den täglichen Nachrichten und auch allgemein in der Bevölkerung nicht sonderlich präsent ist. Das ändert jedoch nichts daran, dass es ein ernst zu nehmendes Thema ist, was man spätestens dann realisiert, wenn man selbst davon betroffen ist. Kaufsucht hat auch die Synonyme Kaufzwang oder pathologisches Kaufen und zeichnet sich durch ein episodisches und übermäßiges Kaufen von Waren aus. Obwohl es sich gänzlich anders äußert, können hier Brücken zum pathologischen Spielen und auch zum Arbeitszwang geschlagen werden. Bei vielen Betroffenen steigt das Kaufverhalten im Verlauf der Krankheit immer weiter an, sodass zum Teil sogar Schulden aufgenommen werden. Sogar einen Kredit erwägen betroffene Personen, zumal dieser heutzutage ganz schnell online beantragt werden kann. Generell sollte ein Kredit jedoch nie unüberlegt aufgenommen werden, wobei bei der Abwägung ein unabhängiger Finanzen-Ratgeber im Internet helfen kann. Wichtig ist, dass Kaufsüchtige einwandfrei diagnostiziert werden, was im Übrigen auch Grundvoraussetzung für eine spätere Therapie ist:
  • Befreiung des Drangs muss beim Kaufen an vorderster Stelle stehen
  • Sinnlosigkeit des Handelns ist den Betroffenen meistens bewusst
  • Eine Bevorzugung einer bestimmten Warengruppe ist häufig vorhanden
Charakteristisch für Kaufsüchtige ist auch, dass es bei ihnen zu Entzugserscheinungen kommt, sofern sie an der Kaufhandlung gehindert werden.

In Deutschland ist etwa jeder 20. von dem pathologischen Kaufen betroffen

Auftreten in Bevölkerung
Bild: In Deutschland ist die Kaufsucht gar nicht so selten vertreten, wie man erst einmal glauben mag. Bildquelle: Sonpichit Salangsing – 546883993 / Shutterstock.com

Untersuchungen haben ergeben, dass in Deutschland etwa jeder 20. von pathologischem Kaufen betroffen ist. Allerdings unterscheiden sich die Zahlen ein wenig davon, ab wann jemand als kaufsüchtig eingestuft wird. Karl Kollmann, der seines Zeichens schon für die österreichische Arbeiterkammer in Bezug auf Kaufsucht geforscht hat, hat die Motivation hinter Kaufsucht zutreffend beschrieben:

„Gesellschaftlich und kulturell besteht der Anspruch, auf allen Ebenen ein erfülltes Leben zu führen.“

Bei Menschen mit Kaufsucht besteht nun der übermäßige Drang, sich für den stressigen Alltag in Form von übermäßigen Käufen belohnen zu müssen. Der Konsum kann in diesem Zusammenhang mit der Wirkung einer Medizin verglichen werden, die dazu dient, den angestauten Frust aus dem täglichen Leben zu kompensieren. Menschen, die an pathologischem Kaufen leiden, entschädigen sich somit ein Stück weit mit dem Kauf von Dingen, die ihnen gefallen. Gefährlich wird das Ganze ab dem Zeitpunkt, ab dem es sich verselbstständigt und die Betroffenen die Kontrolle über ihr Kaufverhalten verlieren. Ihnen kommt dann der eigentliche Sinn und Zweck des Kaufens abhanden, nämlich der Spaß und der Nutzen des Kleidungsstücks. Vielmehr vertreibt es dann nur noch Langeweile und muss unbedingt ausgeführt werden.

Internet bietet für Menschen mit Kaufsucht geradezu ideale Voraussetzungen

Shopping im Netz
Bild: Gerade im Internet finden Kaufsüchtige ideale Bedingungen vor, um unerkannt bleiben zu können. Bildquelle: Kite_rin – 530222965 / Shutterstock.com

Was die Problematik der Kaufsucht in den letzten Jahren maßgeblich befeuert hat, ist die vollständige Etablierung des Internets auch in Sachen Shopping. Ohnehin ist es so, dass die vielen Online-Shops schon zu einem großen Teil die klassischen Ladengeschäfte in den Innengeschäften verdrängen, sodass immer mehr von ihnen die Pforten dicht machen müssen. Im Kontext mit dem Internet leiden Kaufsüchtige jedoch gleich doppelt:
  • Dadurch, dass sie das Produkt nicht direkt in den Händen halten, wird der Druck nicht vollständig abgebaut
  • Die Verfügbarkeit von Waren im Internet ist schier unendlich und die Lieferzeiten sind kurz
  • Die Schwelle zum Kauf ist für Betroffene im Internet wesentlich niedriger
Auch für Partner von kaufsüchtigen Menschen ist das Verhalten des anderen oftmals nur sehr schwer nachvollziehbar. Wirkt es von außen doch nicht immer wie ein pathologischer Vorgang und wird nicht selten von den Betroffenen auch auf rationaler Ebene einleuchtend begründet. Die Betroffenen selbst plagen wiederum auf emotionaler Ebene Schuldgefühle, und nicht selten schämen sie sich auch für ihr Problem.

Behandlung setzt an Ursachen an und soll das Verhalten langfristig ändern

Kritisch ist, dass die Behandlungssituation in Deutschland für Kaufsüchtige nicht unbedingt rosig ist. Das hängt aber vielmehr auch damit zusammen, dass die Versorgungslage allgemein nicht besonders gut ist, was Plätze für Psychotherapie anbelangt. So müssen Betroffene häufig nicht nur lange nach einem geeigneten Therapeuten suchen, der Verhaltenstherapie im Angebot hat, sondern sich oftmals auch auf sehr vielen Wartelisten einschreiben lassen, um überhaupt in ein paar Monaten einen Therapieplatz bekommen zu können. Unterschieden werden muss zwischen Gruppentherapie und Einzeltherapie:

Behandlungsform

Vorteile

Nachteile

Gruppentherapie

Erfahrung anderer

Mangelnde Individualität

Einzeltherapie

Vertrautere Atmosphäre

Plätze schwer zu bekommen


Grundbaustein einer zielführenden Therapie ist zunächst einmal die Analyse, in welchen Situationen Betroffene unkontrolliert kaufen. Im Anschluss gilt es dann, nach Wegen zu suchen, sich auf eine andere, adäquatere Art und Weise für das Geleistete belohnen zu können. Doch auch nach der Therapie ist es keinesfalls so, dass Betroffene vollständig auf sich alleine gestellt bleiben müssen. Stattdessen ist es sogar ratsam, dass sie sich einer Selbsthilfegruppe anschließen, da sie die entsprechende Thematik häufig ein Leben lang begleitet. Als langfristiges Ziel sollten sie darum bestrebt sein, ihre Impulse zum Kauf besser kontrollieren zu können.

Bildquellen:
imtmphoto – 333722087 / Shutterstock.com
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