Stadtauswahl:
Umkreis: 25 km
Frankfurt

🕘 Wörter: 552 • Lesedauer: ca. 2 Minuten

Oberbürgermeister Feldmann überreicht Heinz Hesdörffer Bundesverdienstkreuz

Frankfurt ehrt Zeitzeuge der nationalsozialistischen Judenverfolgung

„Sie haben sich mit Ihrem Engagement als Zeitzeuge um die Aufarbeitung des Holocaust und die Demokratie in besonderer Weise verdient gemacht.“ Mit diesen Worten hat Oberbürgermeister Peter Feldmann am Freitag, 14. Dezember, Heinz Hesdörffer das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland - auch Bundesverdienstkreuz genannt - überreicht. Hesdörffer, 1923 geboren, überlebte die nationalsozialistischen Konzentrationslager Westerbork, Theresienstadt, Auschwitz, Nassenheide, Sachsenhausen und den Todesmarsch nördlich von Berlin. Der 95-Jährige berichtet bis heute über seine Erlebnisse regelmäßig vor Schulklassen und anderen Gruppen. Zudem engagierte er sich bei der Bildungsstätte Anne Frank.

Hesdörffer lebt seit 2009 in der Seniorenwohnanlage Henry und Emma Budge-Stiftung, einer jüdisch-christlichen Einrichtung im Stadtteil Seckbach. Er besuchte von 1938 bis 1939 die jüdische Schule Philantropin im Nordend, nachdem er von den Nazis vom Gymnasium in seiner Geburtsstadt Bad Kreuznach vertrieben wurde. Hesdörffer emigrierte später ins damals noch sichere Holland. 1940 deportierten die Nazis ihn, womit seine Odyssee durch die verschiedenen Konzentrationslager begann. Am 2. Mai 1945 befreite ihn die Rote Armee in Grabow, nachdem die SS-Wachen geflüchtet waren. Hesdörffer ist der einzige Überlebende der Familie. Sein Bruder und seine Mutter wurden von den Nazis ermordet. Er wanderte nach dem Holocaust nach Südafrika aus und lebte von 2002 bis 2008 in New York. Von dort zog er zurück nach Frankfurt.

„Die Aufzählung steht für eine Kette des Grauens. Diese ist bis heute unvorstellbar, aber für die Opfer Wirklichkeit. Sie haben es erlebt und wie leider wenige es überlebt“, sagte Oberbürgermeister Feldmann in seiner Laudatio. „Ausgrenzungs- und Vernichtungspolitik werden in Ihren Erzählungen persönlich und greifbar. Sie bekommen ein Gesicht und bleiben nicht mehr abstrakt“, würdigte das Stadtoberhaupt Hesdörffers Engagement. „Zugleich dient Erzählen der Vergewisserung, Sorge zu tragen, dass sich das Grauen zukünftig nicht wiederholt. Erzählen hat zentrale Auswirkungen auf die Zukunft, vor allem für junge Menschen“, betonte der Oberbürgermeister.

Hesdörffer schildert seine Erlebnisse – wie in seinem in vierter Auflage erschienenen Buch „Bekannte traf man viele“ – sehr direkt. „Manche Zeitzeugen überschreiten in ihren Berichten gewisse Schmerzgrenzen nicht. Sie wollen ihre Zuhörer vor Grauen schonen – auch um sich selbst zu schützen. Sie, Herr Hesdörffer, stellen sich Ihren Traumata immer wieder neu und nehmen keine Rücksicht auf sich selbst“, sagte Feldmann zu dem Geehrten. „Ihre Schilderungen der Erlebnisse im Konzentrationslager, von der Zwangsarbeit und vom Todesmarsch machen die Begegnung zu einem prägenden Erlebnis“, fügte der Oberbürgermeister hinzu. Ein weiteres Beispiel dieser sehr direkten Darstellung ist ein Dokumentarfilm, den Hesdörffer mit Jugendlichen zusammen drehte. Gegenstand dieser dem Protagonisten selbst viele Kräfte abverlangenden Darstellung waren die Stationen seines Leidens, die er gemeinsam mit den jungen Leuten bereiste.

„Die wenigen Zeitzeugen, die es noch gibt, leben nicht mehr lange. Helfen sie mit, dass diese schreckliche Vergangenheit nicht in Vergessenheit gerät, dazu bedarf es jedes Einzelnen hier in diesem Raum“, hatte Heinz Hesdörffer 2014 beim Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus im rheinland-pfälzischen Landtag in Mainz gesagt. „Daran arbeiten wir in Frankfurt und nehmen Ihren Aufruf mit. Sie haben Recht: Wir brauchen jeden in diesem Raum, in der Stadt, im ganzen Land“, so Feldmann abschließend.

Ein Portrait der Person Heinz Hesdörffer befindet sich in diesem Newsletter und auf http://www.frankfurt.de.
Unterhaltung