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Aus Feldberghof wird Feldberghaus

Feldberghof, Feldberghaus, Schmitten, Wiedereröffnung Wiedereröffnung: Feldberghaus Foto: © 2021 Stilbruch United Designers

SCHMITTEN/HOCHTAUNUS - Gut Ding will Weile haben: Dieses Sprichwort verwendet schon der Schriftsteller Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen anno 1669 in seinem Abenteuerroman "Simplicius Simplicissimus". Darin schreibt er auch: "Gut Ding will Weile haben, und vortreffliche Sachen werden ohne große Mühe und Arbeit nicht erworben". Dass es gut werden wird, davon konnte man sich nun vor Ort einen Eindruck verschaffen. Landrat des Hochtaunuskreises und Zweckverbandsvorsitzender, Ulrich Krebs (CDU), nahm die Zuhörer mit auf eine Zeitreise ins Jahr 1842, als der Frankfurter Verleger August Ravenstein mit 22 weiteren Mitgliedern die "Commission zur Erbauung eines Hauses auf dem Feldberg" ins Leben rief. "Fast zwei Jahrzehnte dauerte es, bis Ravenstein alle Widerstände überbrückt, letzte Zweifler begeistert und die nötigen Spendengelder zusammen hatte, um im Jahr 1860 das Feldberghaus zu eröffnen", so Krebs über die damalige Grundsteinlegung.

Die Menschen waren schon damals begeistert vom Feldberg und so eröffneten zur Blütezeit um das Jahr 1900 zwei weitere Gasthäuser namens "Neues Feldberghaus" und "Walküre". Auch viele illustre Gäste besuchten die Stätte, wie Kaiser, Könige, Zaren und Fürsten ebenso wie Künstler und Industriebarone. Das "Neue Feldberghaus" wurde schließlich im Jahr 1931 in "Feldberghof" umbenannt, wohingegen im Jahr 1937 das "Alte Feldberghaus" und die "Walküre" aufgrund des neuen Fernmeldeturms - einer der ersten und ältesten Fernsehtürme in der Geschichte des Fernsehens in Deutschland überhaupt - weichen mussten. Der große Feldberg bietet seit jeher eine perfekte Kulisse für Großes: Sei es sagenumwoben, als Brunhild von Siegfried wachgeküsst wird, sei es technologisch, als Adlige erste Schritte in der Telegrafie wagen oder gar triumphierend, als Rennfahrer, männliche sowie weibliche, Pokale abräumen.
Der Feldberg sei wie ein Buch voller Geschichten, erzählt Krebs, selbst ein Taunuskind und studierter Historiker. Und fährt fort "für mich das pochende Herz des Taunus - gestern wie heute". Damit schlägt er die Brücke zur Gegenwart: "Im Gegensatz zu Ravenstein haben wir glücklicherweise keine zwanzig Jahre benötigt, aber dennoch in 30 Monaten hier grundlegend saniert und vor allem nachhaltig investiert". Apropos Investition: Die Kosten für die Sanierung werden mit rund 3,5 Millionen Euro beziffert. Mit grundlegend meine er aber auch, dass man nicht nur architektonisch das schlummernde Potenzial sichtbar machen wolle - was seit einigen Wochen besonders für Passanten bereits von Weitem an der neuen, rustikalen Holzfassade erkennbar ist - sondern dies der erste Schritt zur Aufwertung des gesamten Plateaus sei. Folgerichtig wäre es dann auch, dass man namentlich wieder zurückkehre zu den Anfängen und das Gasthaus mit der am 3. Februar 2022 geplanten Eröffnung seinen ursprünglichen Namen zurückerhält: "Feldberghaus".

Sowohl diese Umbenennung als auch die äußerlich sichtbare Verwandlung stelle nicht nur eine deutliche Zäsur zum Betrieb der letzten beiden Jahrzehnte dar. Sie sei auch eine Hommage an die Ursprünge der einstigen Gasthauskultur, an die man wieder anknüpfen wolle. "Der Feldberg gehört zu Frankfurt RheinMain wie ein gutes Binding Bier. Daher freuen wir uns, unsere bewährte Zusammenarbeit auf dem Frankfurter Hausberg mitten im Taunus fortsetzen zu können. Das neue Feldberghaus wird sich nach umfassender Sanierung als echtes Highlight für die gesamte Region präsentieren", so Krebs abschließend.
Den Genius loci, also den Geist des Ortes, erwähnen gerne auch die Architekten, wenn es darum geht, Gebäude in Beziehung mit ihrer unmittelbaren Umgebung zu setzen. So war mit dem Planungsbeginn 2018 für das Planungsteam Michael Müller "Stilbruch United Designers" aus Wiesbaden und Andreas Müller "M&P Architekten" aus Hünstetten auch sofort klar, dass die Umgestaltung und Sanierung in Anlehnung an die Bauwerke vergangener Zeiten und deren Materialien auf dem Feldberg erfolgen muss.
"Bei der Ausführung der Außenfassade haben wir uns von der ursprünglichen Gestaltung der Fassade des Feldberghauses inspirieren lassen, aber auch von der damaligen Herangehensweise. Dabei setzte man beispielsweise noch verwendbares Baumaterial von abgerissenen Scheunen aus dem benachbarten Reifenberg ein", erklärt Michael Müller. Die alte, neue Holzfassade sei zwar nicht aus dem Nachbarort, jedoch eine zu 100 Prozent recycelte Holzschalung, die hier im Taunus nun die Chance auf ein zweites Leben erhält und für die vor allem keine Bäume gefällt werden mussten.

Neben der Holzfassade auf einem klassischen Bruchsteinsockel nehmen auch die weitgehend in Holz gestalten Innenräume die Feldberg-Tradition wieder auf.

Das Planungsteam "Stilbruch - M&P Architekten" hat im Verlauf der vergangenen Jahre bereits zahlreiche Projekte gemeinsam beplant und umgesetzt. Dass die beiden Müllers ein eingespieltes Duo sind, bewiesen sie zum Beispiel beim Bau des Experience Centers von Adam Hall, einem international tätigen Eventtechnik-Hersteller mit Sitz in Neu-Anspach im Taunus, wofür sie mehrfache Design-Auszeichnungen gewannen. Die beiden Büros sind und waren in ganz Deutschland aber auch international wie zum Beispiel in Finnland, Dänemark, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Südafrika und Amerika tätig. Doch beide sagen, "es ist etwas ganz besonderes, wenn man dazu beitragen kann, heimische Wahrzeichen mit neuem Leben zu erfüllen". Nun stehe einer baldigen Feuertaufe nichts mehr im Wege und man höre schon die knallenden Sektkorken.

Ploppende Kronkorken hört hingegen Michael Kuchenbecker, Verkaufsdirektor Gastronomie der Binding Brauerei, die weiterhin Pächter des Feldberghauses ist und seine Neugestaltung maßgeblich vorangetrieben hat. "Unser Brauereigründer Conrad Binding hatte ein ganz einfaches Lebensmotto: Rastlos vorwärts musst du streben, nie ermüdet stille steh'n, willst du die Vollendung seh'n. Auch ich wollte vorwärts streben, für das Gasthaus auf dem Feldberg ein neues Kapitel aufschlagen und noch mehr Gäste für dessen Besuch begeistern." Dafür werde neben dem Wohlfühlambiente in den Gasträumen und hochmoderner Küchentechnik hinter den Kulissen vor allem das Speisenangebot sorgen: Die Karte werde eine regionale Frischeküche bieten, ergänzt um internationale Einflüsse. Michael Kuchenbecker: "Und dazu wird unser Binding gezapft, schon jetzt freue ich mich auf das erste fassfrische Glas unseres Frankfurter Originals zur Eröffnung, das unsere Partner dann ausschenken werden."

Die Partner, das sind unter anderem Carolin und Jens Fischer, die zusammen mit Hedmar Schlosser seit über zwei Jahren starke Nerven bewiesen haben und trotz der Corona-Pandemie und außerplanmäßigen Verzögerungen niemals den Glauben an ihre Idee verloren haben. "Wir sind mit Leib und Seele Gastgeber und können es kaum erwarten, unseren Gästen hier oben ganz einfach gute Momente zu bescheren, von Radfahrern und Wanderern über Familien und Senioren bis hin zu Ausflüglern und Genießern," sagt Carolin Fischer voller Energie, die ihr Handwerk einst in Schlossers "Hotel zu Krone" erlernte und schon in namhaften Hotels wie Sheraton und Ritz Carlton gearbeitet hat. Aktuell stellen die Fischers das >Team für das Feldberghaus zusammen und suchen nach Personal, das genauso leidenschaftlich wie sie an die Sache herangeht. "Wir werden vorrangig mit regionalen Anbietern zusammenarbeiten, haben schon einige inspirierende Kontakte geknüpft", verrät Jens Fischer. Er selbst hat schon mit Koryphäen wie Dieter Müller und Sven Elverfeld gearbeitet und sich im "Ketschauer Hof" und "Bollants" seine eigenen Sterne erkocht.

"Das heißt nicht, dass wir aus dem Feldberghaus einen Gourmettempel machen wollen. Wir möchten eine zeitgemäße, bodenständige Küche für Jedermann anbieten, bei der die Qualität der Produkte im Vordergrund steht, die aber auch mit einer gewissen Raffinesse präsentiert wird." Geplant seien einerseits regionale Klassiker wie Handkäs` mit Musik oder Tafelspitz mit Grüner Soße, andererseits auch Lieblingsgerichte aus der internationalen Küche wie italienische Pasta. Wer den Taunus dann als kulinarisches Souvenir mit nach Hause nehmen möchte, der wird nebenan im "Concept-Store" fündig.

Den ins Gesamtkonzept eingebetteten "Concept-Store", neudeutsch für "Warenladen für regionale Produkte und Erlebnisse" betreibt wiederum das kompetente und engagierte Team um Melanie Küssner. "Fernab vom Touri-Kitsch werden wir eine Auswahl von feinen, qualitativ hochwertigen Produkten kuratieren, die einen starken Bezug zur Region haben werden". Ebenso attraktive und kreative Eventformate und spannende Aktivitäten für alle Generationen werde man dort buchen und erleben können.

"Mit den vielfältigen Nutzungs-Möglichkeiten der Räume und der Außenbereiche sowie des regionalen Bezugs durch den Concept-Store und des Hochzeitszimmers soll der Feldberg seine Anziehungskraft für den Hochtaunus und das Frankfurter Umland, aber auch weit darüber hinaus neu entfalten", fasst Hedmar Schlosser zusammen und kann die Eröffnung kaum erwarten. Dass Vorfreude die schönste Freude sein soll, wird die Wiedereröffnung im Februar möglicherweise widerlegen können, wenn es für die Gastgeber dann heißt: "Es ist uns eine Freude Sie hier oben willkommen zu heißen".
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