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Geisenheim

🕘 Wörter: 928 • Lesedauer: ca. 3 Minuten

Für 45 Minuten mal wieder ein Kind sein

Foto: © Sabine Fladung

Das Träumen, das Kind sein, das Märchenhafte kommt im Alltag viel zu kurz - stattdessen bestimmen Hektik, Stress, große und kleine Probleme das Leben erwachsener Menschen. Doch mit dem Eltviller Puppentheater konnte man für 45 Minuten das alles mal hinter sich lassen und im kühlen Theaterkeller in der Wörthstraße die ganze alltägliche Rastlosigkeit draußen lassen und mit kindlicher Freude ein unterhaltsames Eltviller Märchen erleben. Das erzählte die wahre Geschichte vom Eltviller „Dornröschen-Garten“ und den Anfängen des Eltviller Puppentheaters, das schon im vergangenen Jahr sein zehnjähriges Jubiläum beging, jetzt aber erst wegen der Zwangspause durch die Corona-Pandemie den Geburtstag mit einem Aufführungswochenende feierte. An drei Tagen wurde in einer Abendvorstellung für Erwachsene und zwei Nachmittagsterminen für Familien mit Kindern das allererste Stück des Eltviller Puppentheaters in einer erneuerten Fassung gespielt und 70 Gäste aus vier Generationen hatten dabei ihren Spaß.

Vor allem auch, weil viele der Figuren durchaus authentische Vorbilder haben, es kleine Seitenhiebe auf Politik und Obrigkeit gibt und die Wiedererkennung Eltviller Gegebenheiten in Puppenformat für viel Heiterkeit sorgte. Vorsorglich hatten die Gastgeber darauf hingewiesen, dass Ähnlichkeiten mit lebenden Personen natürlich „rein zufällig“ seien.

Gut versorgt mit Rheingauer Rebensäften und „Gänsewein“ hatten die Gäste in dem gastlichen Theaterkeller Platz genommen und lauschten gespannt dem fünfköpfigen Spieler-Ensemble, das mit Musik und Radau jahrmarktmässig Einzug hielt und sich dem Publikum vorstellte. Eine Erzählerpuppe lud dazu ein, ganz tief in das wahre Märchen vom Dornröschen-Garten einzutauchen und kommentierte die Geschichte auch immer wieder erklärend. Den Anfang nahm die Story mit der Idee von Kasper Pepinello, der mit seiner Frau Gretel auf dem Burgplatz in einem alten Fachwerkhaus heimisch geworden ist. Auf humorvolle Weise wurde so die Entstehungsgeschichte des einst lange Zeit verwilderten und nun nach erfolgter Herrichtung verwunschenen Gartens im Schatten der Kurfürstlichen Burg als ein Märchen vom Rhein spielerisch dargeboten. Die Geschichte ist zudem wahr und liegt jetzt genau elf Jahre zurück, damals wurde das Stück als Premiere tatsächlich in dem Zirkuswagen im Dornröschen-Garten aufgeführt. So lange gibt es das Eltviller Puppentheater schon, das nach dem Dornröschen-Garten auch wegen organisatorischer Aufgaben wie Strom, sanitäre Anlagen und Wetterkapriolen zunächst in den Keller der kurfürstlichen Burg und dann als ständiger Proben- und Aufführungsort in den extra umgebauten Theaterkeller in den Wörthstraße umzog.

Insgesamt haben die ehrenamtlichen Kreativen des Projekts schon fast zwei Dutzend Stücke aufgeführt, die fast alle auch aus der eigenen Feder stammen. „Unsere Geschichten spielen in der Welt der Märchen und der Erwachsenen und sind für alle Altersgruppen ab vier, manchmal erst ab sechs Jahren geeignet“, so die Puppenspieler. Einzige Voraussetzungen: „Keine Angst vor Zauberern, lautstarke Unterstützung der Akteure in gefährlichen Situationen und: Es darf gelacht werden, auch über sich selbst!“.

Rolf Lang, der Direktor des Theaters, schreibt diese Stücke, die dem Leben und dem Alltag im Rheingau abgeschaut sind. „Die werden allerdings auf Wunsch der Puppen auch häufig noch gekürzt!“, verrät der hoffnungslose Romantiker, der fest daran glaubt, dass es eigentlich keine wirklich bösen Puppen oder Menschen gibt: „Sie müssen das nur herausbekommen und erstmal sich selbst und ihre Aufgabe im Leben finden!“. Seine Frau Sigrun Lang fungiert bei den Stücken als Regisseurin und kommt auch wirklich von der Theaterbühne, auf der allerdings nicht Puppen, sondern reale Menschen Theater spielen und sprichwörtlich auch „Bühnenfieber“ haben. Das Ensemble des Eltviller Puppentheaters schätzt gerade auch deshalb den geübten Blick, die guten Ideen und die beiden Hände von Sigrun Lang.

Seit über zehn Jahren schon spielt das Team, dem auch weitere Mitglieder in anderen Aufführungen angehören, Märchen und Stücke voller Rheingauer Lokalkolorit für Kinder und Erwachsene. Neben dem Kasper Pepinello und seinen Freunden sind auch mal ganz andere Charaktere dabei, wie zum Beispiel der kleine Prinz. Die Originalität aber kommt mit Figuren wie dem lustigen Igelpaar Schorsch und Lisbeth: bei dem alten Rheingauer Ehepaar, das gerne auf den „Robert Stolz“ Ausflüge auf dem Rhein unternimmt, meint jeder, er wüsste es im Zweifel etwas besser als der andere. So menschlich authentisch gehören sie zum Rat der Tiere und möchten um keinen Preis der Welt woanders leben. Er ist eine wahre Kultfigur des Puppentheaters.

Der Erfolg der liebevoll gestalteten Aufführungen kommt jedoch unbestritten mit dem großen Engagement der Puppenspieler: alles in dem Puppentheater ist von Rolf Lang selbstgezimmert, die Kulissen entwirft Ulrike Bachmann und auch die Puppen stellt sie mit viel Liebe und Sorgfalt in Eigenregie her. Ulrich Bachmann leiht vielen Charakteren seine markante Stimme und Ulrike Folland bringt als Grundschullehrerin das perfekte Gespür für die kleinen Zuschauer mit. Weitere Mitwirkende agieren im Hintergrund, sorgen zum Beispiel für das richtige Licht und funktionierende Technik auf der gerade mal zwei auf drei Meter kleinen Bühne. Entsprechend dem Motto „Willkommen und hereinspaziert, ein jeder, der durchs Leben irrt! Denn große wie auch kleine Leute, brauchen meistens Lebensfreude!“ kann man sie hier seit elf Jahren wahrlich erleben. Das Eltviller Puppentheater spielt Stücke für Kinder und auch abendfüllende Stücke nur für Erwachsene, wie den Robert-Gernhardt-Abend oder den "Kleinen Prinz". So gibt es den legendären Robert-Gernhardt-Abend in diesem Jahr wieder am Wochenende des 2. Advent und das diesjährige Weihnachtsmärchen am 3. Advent. Infos und Kartenvorverkauf unter 0172-6642019 oder info@eltviller-vinothek.de.

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