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Potsdam

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Aufstand der Kommunen gegen Kreisgebietsreform

Potsdam (dpa/bb) - Der Landkreistag und der Städte- und Gemeindebund lehnen die geplante Kreisgebietsreform in Brandenburg vehement ab. «Die Reformziele sind richtig, aber der vorliegende Gesetzentwurf ist nicht geeignet, diese Ziele zu erreichen», erklärte der Vorsitzende des Landkreistags, Wolfgang Blasig (SPD), am Donnerstag bei einer Anhörung im Innenausschuss des Landtags. Die Fusion von Landkreisen und kreisfreien Städten werde die Verwaltungen über Jahre beschäftigen, warnte Blasig. Besser wäre es, eine Zusammenarbeit der bestehenden Kommunen «mit liebevollem Druck» zu organisieren, statt durch riesige Landkreise neue Probleme zu schaffen.

Die rot-rote Landesregierung will die 14 Landkreise auf 11 reduzieren, von den 4 kreisfreien Städten soll nur Potsdam eigenständig bleiben. Hintergrund sind der erwartete Bevölkerungsrückgang und die hohe Verschuldung der kreisfreien Städte Cottbus, Frankfurt (oder) und Brandenburg/Havel. Die Reform soll im November im Landtag verabschiedet werden. 

Der Präsident des Städte- und Gemeindebunds, Jann Jakobs (SPD), erklärte, der einst prognostizierte Bevölkerungsrückgang sei als Begründung für die Kreisgebietsreform obsolet geworden. «Vielmehr wächst die Bevölkerungszahl durch Geburtenüberschuss und Zuzug im ganzen Land», sagte der Potsdamer Oberbürgermeister. Wenn die hoch verschuldeten kreisfreien Städte von Landkreisen aufgenommen werden müssten, werde nichts gewonnen. Denn dann müssten diese Landkreise die hohen Soziallasten der großen Städte übernehmen. «Ich möchte Sie inständig bitten, dieses Gesetz nicht weiter zu verfolgen», appellierte Jakobs an die Abgeordneten. «Das ist ein Irrweg!»

Frankfurts Oberbürgermeister Martin Wilke (parteilos) zweifelte massiv an, dass seine Stadt nach der Aufgabe der Eigenständigkeit besser dasteht. «Das Finanzministerium erklärt, wir würden 17 Millionen Euro im Jahr sparen - nach unseren Berechnungen zahlen wir 3 Millionen Euro mehr», erklärte Wilke. Mit der polnischen Nachbarstadt Slubice habe die Stadt eine intensive Zusammenarbeit aufgebaut. «Das wird torpediert, indem man uns Aufgaben entzieht!»

«Es gibt eine nie dagewesene Entfremdung zwischen Landesregierung und Kommunen, weil Rot-Rot gegen alle Widerstände stur an ihrem Koalitionsvertrag festhält», stellte der kommissarische Oberbürgermeister von Brandenburg/Havel, Stefan Scheller, fest. «Das wird zu noch mehr Politikverdrossenheit führen!» Er zweifelte, ob die Reform überhaupt verfassungskonform sei.

Der Oberbürgermeister von Cottbus, Holger Kelch (CDU), zeigte sich überzeugt, dass seine Stadt aus eigener Kraft aus den Schulden kommen könne: «Wir können ab 2022 zweistellige Millionenbeträge erwirtschaften, wenn man uns nicht neue Lasten aufbürdet», meinte er. Die im Reformgesetz geforderte Mindesteinwohnerzahl von 150 000 sei für kreisfreie Städte sei völlig aus der Luft gegriffen, meinte Kelch. «Wir haben mehr als 100 000 Einwohner und alle anderen Städte in Ostdeutschland mit dieser Größe sind kreisfrei.»

Zwischen der rot-roten Koalition und der Opposition entspann sich im Ausschuss ein Streit über die Bevölkerungsprognose als Grundlage für die Reform. Trotz gesteigerten Zuzugs nach Brandenburg etwa aus Berlin werde die Bevölkerungszahl sinken, weil lange nur sehr wenig Kinder geboren wurden, bekräftigte die SPD-Landtagsabgeordnete Klara Geywitz. Daher sei die Reform weiterhin notwendig.

Dagegen erklärte der CDU-Abgeordnete Sven Petke, die aktuellen Prognosen ergäben ein völlig neues Bild. Bis zum Jahr 2035 werde Brandenburg danach nur noch 110 000 Einwohner verlieren. «Und für diese 110 000 wollen Sie die Reform durchziehen?», fragte Petke. Die oppositionelle CDU plädiert anstelle der Reform für eine stärkere Zusammenarbeit der Kommunen.

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