Russland gegen Ende des 19. Jahrhunderts: Man fährt zur Erholung mit der Familie aufs Land, langweilt sich gegenseitig und hofft nebenbei auf eine unschuldige Urlaubsromanze. Ein Stoff, aus dem sich ein weit verzweigtes Geflecht an Sehnsüchten entspinnt: Semjon liebt Mascha, Mascha liebt Kostja, Kostja liebt Nina, Nina liebt Trigorin und Trigorin bleibt bei Irina, die er nicht liebt. Irina hingegen liebt nur sich selbst. Alle wollen das sein und besitzen, was sie nicht sind und nicht haben. Selbst der erfolgreiche Schriftsteller Trigorin möchte lieber angeln, als zu schreiben und der Gutsbesitzer Sorin möchte lieber schreiben, als Gutsbesitzer zu sein. Was die Geschichte unbeschwerter Liebe hätte sein können, entwickelt sich zum Drama mit tödlichem Ausgang. Denn in der Ödnis der Sommerprovinz scheint es unumgänglich, dem anderen schonungslos zu begegnen, wahrhaftig, schmerzhaft ehrlich.
Tschechow nennt sein Stück „eine Komödie“ und in der Tat haben diese (hier nicht einmal vollständig aufgezählten) verfehlten Wünsche, unerfüllten Lieben, unüberwindbaren Schwachheiten, diese Seufzer, Träume und Tränen in ihrer geradezu mathematischen Reihung einen Zug zur Komödie: der menschlichen Ohnmacht und des notwendigen Scheiterns. Tschechow schrieb über das Leiden und die Sehnsüchte der Menschen. Und weil man davon gleichzeitig amüsiert ist und zerrissen wird, wirken seine Stücke so eindringlich.
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Die Möwe - Komödie von Anton Tschechow
Unterhaltung