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Interview mit Joachim Deutschland

Joachim Deutschland, einige werden Ihn sicherlich noch kennen, als er vor 3 Jahren mit „Marie" die Nation zum ersten Mal mit seiner leicht provokanten Art konfrontierte. Nun ist sein zweites Album „Rock sei Dank" draußen und wir ließen uns das nicht nehmen und trafen den Deutschrocker während seiner Deutschland Tour. Für alle die nicht Wissen wer du bist, könntest du dich bitte Kurz vorstellen? Ich bin Joachim Deutschland, 24 Jahre alt und Rock Musiker, mit deutschen Texten und habe mein zweites Album „Rock sei Dank" vor kurzem veröffentlicht. Kannst du dich noch daran erinnern, wann du das erste Mal eine Gitarre in der Hand gehabt hast? Das aller erste Mal war ungefähr mit 11-12 Jahren. Mein Vater, der zu der Zeit in einer Big Band in Hamburg spielte, hatte natürlich auch einen Jazz Gitarrist und bei dem hat mich so fasziniert das seine Saiten nicht reißen, aber so richtig angefangen habe ich mit einer Akustikgitarre 1997. Hast Du gleich gemerkt, das es dich nicht mehr loslässt? Ja, es hat mich nicht mehr losgelassen, ich habe die Gitarre in meiner Hand gehabt und habe fast fanatisch versucht ein Lied rauszuhören, ein RnB Lied von „Jodeci" - „ Good Luv" heißt es und da musste ich mir die Akkorde Ton für Ton raushören. 3 Tage brauchte ich für 2 Akkorde, ich habe keine Akkorde rausgelesen oder sonst was, sondern sie alle selbst rausgehört, ja und so hat alles angefangen und es hat mich nicht mehr losgelassen. Du gibst ja gleich wieder ein Konzert, hast du da bestimmte Vorbereitungen oder Rituale vor jedem Auftritt? Ja, der Tag an sich ist schon ein Ritual. Der Aufbau ist schon das erste Ritual, wie ich meine Sachen verkabele, in welcher Reihenfolge es ist, alles schon ausgecheckt. Das zweite Ritual ist vor dem Gig zu essen, vielleicht noch ein gutes Glass Rotwein, nicht zuviel Alkohol, ich mag Alkohol nicht so gerne. Und das dritte und letzte, wenn ich mir nicht die Haare schneide, was manchmal passiert, ist, das ich die Saiten wechsle und das mache ich auch immer auf dieselbe Art und Weise. Ich versuche mich mit den Ritualen an etwas festzuhalten, egal wie Laut es um mich rum ist. Und das sind die 3 Rituale, Aufbau, Essen, Saiten neu aufziehen. Du bist ja schon ein Weilchen auf Tour, was ist dir schon kurioses passiert? Ja mehrere Sachen eigentlich. Dadurch dass man auf Tour ist lernt man die verschiedensten Personen kennen, die alle eine Verbindung haben, das darf man nicht vergessen. Wenn ich durch Deutschland, Österreich oder Schweiz reise, sind die Leute da, weil sie uns musizieren sehen wollen, das heißt, es gibt eine Verbindung zwischen all diesen Leuten und das ist unsere Musik. Das ist schon schön zu sehen, dass es viele verschiedene Leute anzieht, egal ob Jung oder Alt. Viele Leute meinen dass mein Publikum zwischen 13 und 16 angesiedelt ist, aber das stimmt überhaupt nicht. Es kommen auch 35 Jährige oder 60 Jährige zu den Konzerten, zwar nicht immer aber es kommt schon vor, das zeigt mir das meine Publikum schon breit gefächert ist und man lernt sein Publikum nur kennen wenn man tourt, es gibt keinen andern Weg. Du trittst ja häufig in kleinen Clubs auf, was bevorzugst du lieber? Ich liebe kleine Clubs, das ist die „Wahrheit", es gibt keine Lichtshow oder Bühnenshow. Die Bühnen sind meistens zu klein für die Bands, auch für uns, obwohl wir nur zu dritt sind. Und die Zuschauer sind ehrlicher wenn man gut, geil und super ist oder man einfach einmal Scheiße baut, dann merken sie das sofort und sehen das einem auch an. Nimmt man z.B. die Ärzte, die in einer großen Halle spielen, da kann man nicht unbedingt Farin Urlaubs Gesichtszüge sehen, aber bei mir sehen sie das bis in die zehnte Reihe. Ich könnte mir persönlich nicht vorstellen vor mehr als 800-1000 Leuten zu spielen, außer bei Festivals da kann es bis zu 30000 gehen, aber in Clubs sind mehr als 1000 echt blöd. Kritik an deiner Person und deiner Musik ist dir ja nicht fremd, wie kommst du damit klar das du gerne als Sandsack benutzt wirst und welche Art von Kritik belastet dich am meisten? Ich komme überhaupt nicht damit klar, es ist kein Kraut dagegen gewachsen. Für mich ist es ja nicht nur ein Weg Geld zu verdienen, sondern ein Weg des Ausdrucks, meine Musik ist auch ein Teil meiner selbst, den ich der Öffentlichkeit zu Verfügung stelle, um sich das einzuverleiben, um sich's reinzuziehen. Und wenn da ein paar Hansel kommen, die meinen, sie haben meine Texte verstanden oder sich nicht die Zeit nehmen, sie richtig zu verstehen, ist das schon ärgerlich. Sie ziehen dann in Album Rezessionen einzelne Worte aus meinen Liedern heraus und zerreisen sie in der Luft, als wäre das frivol und es stimmt einfach nicht. Ich sehe das Gesamte als Kunst an, es ist keine Kunst so wie ein Tischler oder jemand der schnitzt, aber so sehe ich das und dann nehmen sie einzelne Worte und zerreisen da ein ganzes Album daran. Wie bin ich dagegen gewappnet? Gar nicht, ich versuche denen nur so ein wenig mit Respekt entgegen zu kommen, ich muss immer noch den Respekt wahren, denn wenn ich explodieren würde und sie so beleidigen würde, wie sich mich beleidigen, dann wäre ja die Höhle los. Dann würden sie sagen: „ was fällt dir ein Joachim, was nimmst du dir raus", obwohl die Leute ja den gleichen Scheiß über mich sagen, also in Grunde genommen muss ich irgendwie damit klar kommen. In deinem Lied „Gesichter" nimmst du dir ja die deutsche Medienlandschaft zur Brust, hast du Hoffnungen oder Befürchtungen wie sich das in den nächsten Jahren entwickelt? Ne Hoffnungen nicht, Befürchtungen eigentlich auch nicht, denn „das Böse" frisst sich selbst in der Medienlandschaft. Bei Popstars z.B., das war glaube ich die erste Casting Show in Deutschland, ich glaube es waren die „no angels", ich bin mir nicht sicher, da ich zu der Zeit nicht in Deutschland war, somit habe ich nur die Nachwehen miterlebt und es war eigentlich so der Knaller Damals und sie haben mit am längsten überlebt und alles was danach kam ist immer weiter nach unten gegangen, die Einschaltquoten waren Scheiße und irgendwann kann es keiner mehr sehen. Es tilgt sich selbst im Fernsehen. Es ist zwar so das im Fernsehen sicherlich auch Qualität geboten wird, aber der größte Teil besteht aus sinnlosem Entertainment, je mehr Kanäle man hat, desto schlimmer wird es, eigentlich eine logische Schlussfolgerung und das hat mich zu der Zeit ein bisschen genervt. Welches Lied liegt dir auf deinem neuen Album besonders am Herzen? „Ich und andere" mag ich sehr gerne. Kurze Beschreibung? Meine Texte haben mehrere Ebenen, und manche Leute bzw. Kritiker haben nicht die Geduld, die wollen mich lieber abschreiben. „Ich und andere" hat verschiedene Ebenen für mich, die ich eigentlich nicht so gerne erläutern möchte, sie sollen sich das lieber anhören und versuchen, meine Texte mehr zu fühlen als zu verstehen, da „Ich und andere" ein sehr gefühltes Lied ist, wie „das Schaf" auch. Auf der Brothers Keepers LP ist ein Track mit dir und Denyo von den Beginnern, wie kam es zu der Kooperation und wie war die Zusammenarbeit? Die Zusammenarbeit was super, wir haben vielleicht auch was in Planung für mein nächste Album. Er ist ein Musiker unter den HipHopern da draußen und es hat mir Spaß gemacht mit Ihm was zu machen. Brothers Keepers kam so zu Stande, das die Produzenten im zweiten Album alles ein bisschen ausweiten wollten und sie haben mich zwar von der Musik her als Außenstehenden gesehen, aber da ich immer noch Schwarz bin, passte es ja noch. Ich bin auch froh dass sie mich gefragt haben, da ich die Idee für eine sehr gute Sache halte. Wie kamt ihr auf die Idee einen Lied grob gesehen gegen Skinhead Frauen zu machen? Ja wir wollten nicht alles auf dieselbe Tour drücken, mit, „es ist Schwer", „alles ist Scheiße", „wenn man Schwarz ist, wird man dauernd angehalten", das sind alles Geschichten bei denen man bei den Leuten keine Aufmerksamkeit mehr erreicht und die man auch von bekannten Schwarzen immer wieder zu hören bekommt. Und dann kam uns diese fiktive Geschichte, was wäre wenn Denyo sich tief in eine Skinhead Frau verlieben würde, um noch bei der Rasse zu bleiben und noch ein bisschen das Rassenthema zu wahren und das mal vielleicht von einer ganz anderen Seite. Ich bin ja auch dafür dass man ein bisschen „Liebe" zeigt, und wenn Denyo sich in der Geschichte in eine Skinhead Frau verliebt und es Anfangs nicht merkt ist das O.k. Ich glaube so muss man an Rassismus rangehen, man muss die Leute lieben, man darf sie nicht mir Feuer bekämpfen, den Feuer und Feuer das funktioniert einfach nicht, das ist die unterliegende Nachricht, auch wenn es ein humoristisches Stück ist. Sind alle Brothers Keepers Acts auch mal irgendwo live im Fernsehen oder auf der Bühne zu sehen? Ja wir sind am Freitag auf Viva bei „17" zu sehen. BK ist auch auf Tour in München , Stuttgart, Berlin, Köln das steht alles auf www.brothers-keepers.de , und da bin auch in ein paar Städten mit dabei, es sind zwar nicht alle immer dabei, jedoch die meisten. Eine abschließende Frage noch. Wie kamst du dazu dir die Fingernägel zu lackieren, ist das auch Bestandteil deiner Vorbereitungen? Nein eigentlich nicht, denn bei den Gigs schabt sich das immer ab, aber ich versuche es schon Gelegentlich neu drauf zu machen. Es hat sich irgendwann Mal so ergeben, einige Frauen wollten mich schon immer schminken und haben mich immer wieder gefragt. Ich mochte Nagellack und habe es mir in Amerika mal drauf gemacht, einfach nur so, bei einer Faschingsparty. Als ich dann nach Deutschland zurückkam, hatte ich immer noch diese Freundinnen und sie durften mir dann mal Nagellack drauf machen, zuerst nur auf eine Hand, ich wollte es mir zunächst anschauen, inzwischen habe ich's trotzdem auf beiden Hände, weil ich es schön finde. Vielen Dank für das Interview und noch eine erfolgreiche Tour. Das Interview wurde von Paul Walter und Daniel Rasche geführt.
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