Stadtauswahl:
Umkreis: 20 km
Wiesbaden

🕘 Wörter: 700 • Lesedauer: ca. 2 Minuten

Steuerzahlerbund nimmt Verschwendung aufs Korn

Wiesbaden (dpa/lhe) - Pferdezucht auf Staatskosten, kostspielige Eigenwerbung der Regierung und ein morscher Baum als teures Kunstwerk: Der Steuerzahlerbund knöpft sich in seinem «Schwarzbuch 2017/2018» eine ganze Reihe hessischer Beispiele für allzu sorglosen Umgang mit öffentlichem Geld vor. «Wir wollen dazu beitragen, dass ähnliche Fälle von Verschwendung künftig vermieden werden», sagte der Landesvorsitzende des Bundes der Steuerzahler, Joachim Papendick, am Donnerstag in Wiesbaden. Die Kritik des Vereins im Einzelnen:

- Publikationsflut aus Hessens Regierung

Bei ihrer Außendarstellung sollte die Landesregierung das Kosten-Nutzen-Verhältnis mehr im Blick behalten, kritisierte der Steuerzahlerbund. Zwischen 2014 und 2016 hätten Staatskanzlei und Ministerien im Durchschnitt mehr als eine Veröffentlichung pro Tag herausgegeben, etwa Broschüren, Faltblätter, Flyer oder Zeitungen. Papendick schlug vor, dass es regelmäßig eine Liste über Sinn und Zweck dieser Publikationen gibt - und deren Kosten. Die Staatskanzlei verwies auf die Pflicht der Landesregierung, die Menschen über ihre Arbeit zu informieren. Sie gehe dabei kostenbewusst mit den Mitteln für die Öffentlichkeitsarbeit um, erklärte Regierungssprecher Michael Bußer.

- Ein Gestüt ohne Hengste

Für die Zukunft des Landgestüts Dillenburg habe das Land einen Kompromiss geschlossen, ohne die Kosten der neuen Regelung zu kennen, monierte der Vorsitzende. Womöglich könne der Zuschussbedarf steigen, wenn dort keine Hengste mehr gehalten werden. Bislang unterstütze der Steuerzahler das Landgestüt mit jährlich mehr als einer Million Euro - eine kostspielige Tradition. Der Steuerzahlerbund sieht die Pferdehaltung nicht als Aufgabe des Staates und fordert die Privatisierung oder gar Schließung des Gestüts. Das Umweltministerium erklärte, der Betrieb der Landesreit- und fahrschule sei eine «wichtige Aufgabe», für die es bereit sei, Geld auszugeben.

- Unsportliche und teure Abwehrarbeit

Einen verschwenderischen Umgang mit Steuergeld sieht der Bund auch bei Polizeieinsätzen zu Spielen der Fußball-Bundesliga. «In Zeiten gigantischer Ablösesummen und schwindelerregender Fernsehgelder ist es nicht nachvollziehbar, dass das Land Hessen nicht versucht hat, die Veranstalter an den Kosten der Polizeieinsätze zu beteiligen», sagte Papendick. Allein für zwei Begegnungen zwischen Darmstadt 98 und Eintracht Frankfurt 2016 hätten sich die Kosten für den Steuerzahler auf 2,1 Millionen Euro summiert.

Hessen sollte sich nach den Worten von Papendick ein Beispiel an Bremen nehmen. Der Stadtstaat versucht gerade vor Gericht, Sicherheitsgebühren für Fußballspiele zu erstreiten. Innenminister Peter Beuth (CDU) erklärte, eine pauschale Bezahlung der Polizeieinsätze bei Fußballspielen durch die Vereine sei «nicht zielführend». Das Gewaltmonopol liege beim Staat. Außerdem müssten dann auch die Veranstalter kleinerer Veranstaltungen wie Volksläufe oder Radrennen zur Kasse gebeten werden - dies könnten sich viele Vereine nicht leisten.

- Umsonst durchs ganze Land auf Kosten der Steuerzahler

«Es ist nicht nachvollziehbar, dass Schüler für das hessenweite Schülerticket bezahlen müssen, der Lehrer aber für seine Fahrkarte nicht», kritisierte Papendick. Mit dem Landesticket für die 90 000 Beamten, 45 000 Tarifbeschäftigten und rund 10 000 Azubis entstünden im Landeshaushalt von 2018 an zusätzliche Kosten von rund 51 Millionen Euro jährlich. Es sei unverständlich, warum nicht auch die Landesbediensteten einen Eigenbeitrag für ihr Jobticket leisteten. Innenminister Beuth betonte, dass mit dem Landesticket die Attraktivität Hessens als Arbeitgeber steige.

- Stadthaus, U-Bahn und Werbeflächen - Frankfurt in der Kritik

Hessens größte deutsche Stadt hat es gleich mit mehreren Beispielen ins Schwarzbuch geschafft. Eine verpatzte Kündigung von Werbeflächen habe dazu geführt, dass Frankfurt Einnahmen im zweistelligen Millionenbereich entgangen seien, teilte der Steuerzahlerbund mit. Eigentlich sollten die Verträge schon 2009 gekündigt und neu ausgeschrieben werden. Allerdings habe es «handwerkliche Fehler» gegeben. Die besseren Konditionen würden so erst 2018 wirksam. Unnötige Kosten seien auch beim Ausbau zweier Stationen der U-Bahn-Linie 5 und beim Stadthaus entstanden.

- Die Sache mit der Linde

Für 77 000 Euro hat der Regionalpark RheinMain Taunushang nahe Oberursel einen weißen Stahlrahmen um eine alte Linde setzen lassen. Unter dem Titel «Zeitenwandel» soll damit der sterbende Baum in Szene gesetzt werden. Auch Lesungen sind geplant. Der Steuerzahlerbund hat Zweifel, ob das Projekt Erfolg haben wird. Zum einen stehe der Baum recht abgelegen mitten auf einem Feld, außerdem könnte es bei Veranstaltungen mit der Akustik schwierig werden - angesichts des Lärms von der nahen Autobahn 661.

Unterhaltung