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Ländervergleich: Entkriminalisierung von Cannabis

Cannabis to Go: Was in Deutschland vor Jahren undenkbar war, ist heutzutage Realität. Allein in Darmstadt gibt es mittlerweile zwei Hanfautomaten, aus denen Konsumenten Produkte wie hanfbasierte Schokolade ziehen können. Jetzt haben die Behörden Zweifel an der Legalität angemeldet. Obwohl die Entkriminalisierung von Cannabis hierzulande ein heißes Thema ist, gilt Hanf bis auf medizinische und rein CBD-basierte Varianten noch immer als illegale Droge. Wie sieht es in anderen Ländern aus und besteht auch in der Bundesrepublik eine Chance auf Legalisierung?

Deutschland: Welche Arten von Hanf sind legal?

>Spätestens seit einem SPD-Positionspapier zu Modellprojekten für kontrollierte Cannabis-Abgabe beschäftigt die Entkriminalisierung von Hanfprodukten die deutsche Politik. Von dem bisherigen Totalverbot halten zahlreiche Landesverbände wenig. Trotzdem bleibt das früher als Heilpflanze angewandte Kraut innerhalb Deutschlands bis auf wenige Ausnahmen illegal. Legal ist bislang lediglich

  1. medizinisches Cannabis, das Patienten mit anderweitig kaum behandelbaren Erkrankungen zu therapeutischen Zwecken verschrieben wird.
  2. CBD-basiertes Cannabis, das bei einem TCH-Gehalt unter 0,2 Prozent keinen Rausch hervorruft und als natürliches Heilmittel genutzt wird.

Bei THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol) handelt es sich um die Hauptcannabinoide der Hanfpflanze. Ersterer Wirkstoff bindet an Rezeptoren des Endocannabinoidsystems und wirkt durch diesen Eingriff ins zentrale Nervensystem psychoaktiv. Im Unterschied dazu wirkt CBD nicht unmittelbar auf das Zentralnervensystem und gilt als nebenwirkungsarm. Auch einige medizinische Cannabis-Produkte basieren hauptsächlich auf Cannabidiol – so beispielsweise ein Fertigarzneimittel, das bei kindlicher Epilepsie angewendet wird. Für medizinisches Cannabis gilt die Bundesrepublik innerhalb Europas mittlerweile als Hauptmarkt. Die erste Voraussetzung dafür schuf die Cannabis-Zulassung zu medizinischen Zwecken im Jahr 2017. Bis dahin hatten in Deutschland etwa 1.000 Patienten eine offizielle Ausnahmeerlaubnis zum Cannabis-Konsum. Ein Jahr später nahmen in der Bundesrepublik bereits 40.000 Patienten mit unterschiedlichen Indikationen Medizinalcannabis ein.

Europa: In welchen Ländern ist Cannabis legal?

Im Rest von Europa unterscheidet sich der Umgang mit Cannabis von Land zu Land. Ähnlich wie die Bundesrepublik prüfen auch die europäischen Nachbarn mittlerweile, inwieweit Änderungen der bisherigen Verbotsgesetze in Frage kommen. Aktuell gilt

  • ein offizielles Besitz- und Verkaufsverbot in Spanien, wobei der Konsum in katalonischen „Social Cannabis Clubs“ entkriminalisiert wurde.
  • ein neuer Gesetzesentwurf zur Cannabis-Legalisierung in Luxemburg, der im Jahr 2021 in Kraft treten soll.
  • trotz Verkaufsverbot eine liberale Drogenpolitik in Tschechien.
  • ein Marihuana-Verbot in den Niederlanden, obwohl Coffeeshops von den Behörden seit den 70er Jahren geduldet werden.
  • der Cannabis-Besitz unter zehn Gramm in der Schweiz als toleriert, wobei der Verkauf für Pflanzen mit unter einem Prozent THC-Gehalt legal ist.
  • der Marihuana-Besitz in Russland sogar in medizinischer Form als Ordnungswidrigkeit.
  • die obligatorische Strafe für kleine Marihuana-Verbrechen in Frankreich als abgeschafft.
  • eine Zulassung für medizinische Marihuana-Produkte in Italien, wobei das System „Cannabis light" künftig der Zugang zu Cannabis mit geringer Potenz erlauben soll.
  • Entkriminalisierungspolitik für alle Drogen in Portugal, weil die Sucht nicht als Verbrechen, sondern medizinisches Problem behandelt werden soll.

Durch die Nähe der europäischen Staaten zueinander erwarten Experten, dass eine vollständige Cannabis-Legalisierung innerhalb eines Landes die Entkriminalisierung in den restlichen Ländern beschleunigen könnte. Bislang gilt Portugal in Sachen Legalisierung als europäischer Vorreiter. Und auf der restlichen Welt?

Amerika: Vorreiter in Sachen Cannabis-Legalisierung?

Anders als in Europa gibt es in Amerika Staaten, die den Besitz und Konsum von Cannabis nicht als Verbrechen oder Ordnungswidrigkeit ahnden. In Kanada zum Beispiel wurde im Jahr 2018 der Marihuana-Gebrauch zu Erholungszwecken erlaubt. Damit gilt das nordamerikanische Land als zweiter Staat der Welt, der Cannabis entkriminalisiert hat. In den USA herrschen ähnliche Bedingungen. Zehn US-Bundesstaaten, darunter Alaska und Kalifornien, haben Cannabis für den Freizeitgebrauch freigegeben und in mehr als 30 ist das Gewächs zumindest für medizinische Zwecke erlaubt. In Regionen wie New York und New Mexico steckt die Legalisierung noch in den Kinderschuhen, obwohl die Mehrheit aller US-Bürger die bundesweite Legalisierung befürwortet. Im benachbarten Mexiko wurde Cannabis vor Jahren für medizinische Zwecke zugelassen. In der jüngeren Vergangenheit erklärte der höchste Verfassungsgerichtshof das bis dahin absolute Cannabis-Verbote zu Freizeitzwecken außerdem als verfassungswidrig. Dadurch hat der mexikanische Gesetzgeberkünftig Spielraum für weitere Legalisierungsschritte. Noch weiter fortgeschritten ist die Entkriminalisierung in lateinamerikanischen Ländern wie

  • Peru
  • Venezuela
  • Chile
  • Kolumbien
  • Argentinien
  • Ecuador
  • Uruguay

In den genannten Staaten ist Cannabis für den persönlichen Gebrauch bis zu gewissem Grad legal. Im Jahr 2013 galt Uruguay als erstes Land der Welt, das Marihuana zum Freizeitgebrauch legalisierte. Was nicht jeder über Hanf weiß: Als vielleicht größter Cannabis-Gegner auf lateinamerikanischem Boden gilt das drogenpolitisch eigentlich verschriene Brasilien.

Cannabis im Rest der Welt: Wo drohen (keine) Strafen?

Von Gleichgültigkeit bis hin zu stillschweigender Duldung ruft Cannabis in den Staaten der Welt die unterschiedlichsten Reaktionen hervor. Ob in Asien, in Ozeanien, der Karibik oder Afrika: Bedingungslos legal ist Hanf bisher nirgendwo. So sind

  • auf den Philippinen strenge Besitz- und Verkaufsverbote verbreitet.
  • in Indonesien drakonisches Marihuanagesetze mit schweren Strafen die Regel.
  • in Malaysia und Singapur schwere Ahndungen bis hin zur Todesstrafe für Mengen ab 200 Gramm zu erwarten.
  • in den Vereinigten Arabischen Emiraten schon für Kleinstmengen vierjährige Haftstrafen denkbar.
  • in Japan bis zu fünf Jahre Haft nach Erstauffälligkeiten möglich.
  • in Indien widersprüchliche Bedingungen gegeben, da Hanfkonsum trotz eines absoluten Drogenverbots vielerorts als traditionsreicher und legaler Akt behandelt wird.
  • medizinische Marihuana-Produkte in Thailand seit Ende 2018 legal, obwohl keine vollständige Legalisierung geplant ist.
  • Cannabis-Produkte zu medizinischen Zwecken in Australien seit 2016 legal, wobei einige Bundesstaaten Hanf mittlerweile vollständig entkriminalisiert haben.
  • in Neuseeland medizinische Cannabis-Produkte zugelassen, wobei im kommenden Jahr Aussicht auf vollständige Entkriminalisierung besteht.
  • in Afrika weitverbreitete Cannabisreformen geplant, nachdem sich das südafrikanische Verfassungsgericht für den privaten Gebrauch und Anbau ausgesprochen hat.
  • auf Jamaica bis zu 55 Gramm Cannabis legal, wobei man als Privatperson bis zu fünf Pflanzen anbauen darf.
  • in weiten Teilen der Karibik Anpassungen der Cannabisprohibition im Gespräch, die den Konsum künftig ähnlich wie Tabak- und Alkoholgenuss regulieren sollen.

Fazit: In Deutschland bald legal?

Abgesehen von einigen Teilen des amerikanischen Kontinents hat man bisher auf keinem Kontinent der Welt Cannabis legalisiert. Deutschland bewegt sich mit seiner Hanf-Politik in einem vergleichsweise liberalen Bereich. Innerhalb Europas gehört die Bundesrepublik zu den Staaten, die sich am deutlichsten einer Entkriminalisierung nähern. Sollte einer der europäischen Nachbarn dem Vorbild Kanadas oder Uruguays folgen, wird es auch hierzulande zu einer vollständigen Legalisierung kommen. In den meisten Staaten der Welt zeichnen sich seit einigen Jahren liberalere Entwicklungen in Sachen Cannabis-Politik ab. Genau das kann den Druck auf Einzelstaaten wie die Bundesrepublik erhöhen und in den kommenden Jahren Gesetzesanpassungen ermöglichen.